Handlungsfeld Gesundheit
Die Corona-Schutzmaßnahmen und die Impfkampagne, die Situation des Personals im Gesundheitswesen sowie psychische Gesundheit und Einsamkeit: Dies waren die Themen, die von den Teilnehmenden des Bürgerrats im Vorfeld als besonders wichtig ausgewählt und während der ersten inhaltlichen Sitzung im September 2021 bearbeitet wurden.
Diskussionsthemen
- Psychische Gesundheit
- Corona-Schutzmaßnahmen und Impfkampagne
- Gesundheitswesen & Pflegenotstand
Entwickelte Handlungsziele
G1: Die Staatsregierung beachtet den Schutz der psychischen Gesundheit bei der Entwicklung von Infektionsschutzmaßnahmen.
G2: Corona-Tests und Impfungen sind weiterhin niedrigschwellig verfügbar.
G3: Berufstätige im Gesundheits- und Pflegesektor werden während und nach der Corona-Pandemie entlastet, gefördert und fair entlohnt.
Empfehlungen & Stellungnahmen
G.1 Die Staatsregierung beachtet den Schutz der psychischen Gesundheit bei der Entwicklung von Infektionsschutzmaßnahmen.
Kontext & Hintergrund
Während der Pandemie wurden bevorzugt Virologen befragt, Perspektiven aus Berufsfeldern der psychischen Gesundheit und sozialen Arbeit waren unterepräsentiert, obwohl die psychische Gesundheit durch die Corona-Maßnahmen belastet wurde.
Ideen zur Umsetzung
- Expertengremien sollen interdisziplinär besetzt sein: Es sollte geprüft werden, ob im Bundesexpertenrat fachliche Felder neben Medizin ausreichend repräsentiert sind.
- Mehr Transparenz bzgl. Zusammensetzung von Expertengremien auf Bundes- und Landesebene
- Einrichtung eines interdisziplinären Expertenrats auch in Sachsen für jene Belange, die das Land selbst entscheiden kann, in dem Rat sollten Psychologinnen und Psychologen vertreten sein.
- Um psychische Belastungen zu vermeiden, sollten Corona-Maßnahmen immer wieder auf ihre Wirkung und Sinnhaftigkeit geprüft werden (z.B. Beschränkungen & Maskenregeln im Freien).
Stellungnahme
Die folgende Stellungnahme wurde vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt erarbeitet.
Verschiedene Studien belegen, dass die COVID-19-Erkrankung sowie die Corona-Pandemie bei einem großen Teil der Allgemeinbevölkerung zu einem reduzierten Wohlbefinden, erhöhter psychischer Belastung oder zum Teil vorübergehenden (Einzel-)Symptomen psychischer Störungen geführt haben (vgl. Robert-Koch-Institut, Rapid-Review von 68 Publikationen, 2021). Auch wenn diese nicht immer klinisch behandlungsbedürftig sind, ist zu berücksichtigen, dass der Entwicklung behandlungsbedürftiger psychischer Störungen oftmals chronische Überlastung und Stress mit einer längeren Inkubationszeit vorausgehen. Daher ist es angezeigt, Maßnahmen zur Prävention psychischer Erkrankungen und zur Förderung psychischer Gesundheit zu ergreifen. Wir stimmen daher mit der Empfehlung des Bürgerrats überein, dass diese fachliche Perspektive auch bei den beratenden Gremien zur Corona-Pandemie einzubeziehen ist.
Auf Bundesebene ist ein beratender Corona-ExpertIinnenrat installiert, dem jedoch derzeit kein Mitglied aus dem psychiatrischen oder psychotherapeutischen Fachgebiet angehört. Ein Pendant auf Landesebene existiert nicht. Zu benennen sind in diesem Kontext jedoch der wissenschaftliche Beirat für gesellschaftlichen Zusammenhalt, welcher gesellschaftspolitische Folgen der Corona-Pandemie bzw. bestimmter in diesem Zusammenhang beschlossener Maßnahmen betrachtet. Diesem Beirat gehört ein Mitglied aus dem psychiatrischen Fachbereich an. Weitere Beratung im Laufe der Corona-Pandemie erfolgte durch drei Infektiologen sowie die Krankenhauskoordinatoren.
Kontext & Hintergrund
Anlaufstellen für psychologische Unterstützung waren wenig bekannt oder es dauerte zu lange, bis eine Beratung möglich war. Ein direktes Hilfsangebot am Arbeitsplatz wäre ein vereinfachter Zugang zu psychologischer Beratung.
Ideen zur Umsetzung
- Ansprechpartner für psychologische Notfälle in Betrieben - vergleichbar mit Brandschutzbeauftragten
- Betriebsärzte in psychologische Beratung einbinden
- Bei kleineren Unternehmen und Familienbetrieben sollte es eine Ansprechperson für psychische Gesundheit geben, die vermittelt und weiterleitet an Ärzte und Beratungsstellen
- Psychologische Frühwarnsysteme: Ansprechperson für psychische Gesundheit am Arbeitsplatz sollte nicht nur für Krisen da sein, sondern auch präventive Angebote machen
Stellungnahme
Die folgende Stellungnahme wurde vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt erarbeitet.
Die Empfehlung G1.2 „Alle Arbeitgeber sollen eine Ansprechpartnerin oder einen Ansprechpartner für psychologische Beratung anbieten“ wird nicht befürwortet.
Jeder Arbeitgeber und jede Arbeitgeberin, egal welcher Unternehmensgröße, hat gemäß Arbeitsschutzgesetz bereits jetzt die Pflicht, psychische Belastungen bei der Arbeit im Rahmen seiner Gefährdungsbeurteilung zu betrachten. Dabei haben sie die entsprechenden Gefährdungen zu ermitteln, erforderliche Maßnahmen zu treffen und fortlaufend auf deren Wirksamkeit zu überprüfen.
Dabei steht es dem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin derzeit frei, welche Maßnahmen sie ergreifen. Durch die Forderung einer verpflichtenden psychologischen Ansprechperson würde ihnen vorweggenommen, welche Maßnahmen sie zu treffen haben. Bei Klein- und Kleinstbetrieben (mit weniger als 50 Beschäftigten) kann dies zu unverhältnismäßig erhöhtem Aufwand führen. Die nicht zu vernachlässigenden Anforderungen an eine psychologische Ansprechperson können dazu führen, dass keine Beschäftigten im eigenen Betrieb für diese Aufgabe geeignet sind. Es müssten externe Ansprechpersonen beauftragt werden, was wiederum zu erhöhter finanzieller Belastung der Betriebe führt.
Die Unternehmen sollten eigenständig und individuell entscheiden, welche Maßnahmen bei den in ihrem Betrieb auftretenden psychischen Belastungen zu ergreifen sind. Eine allgemeine verpflichtende Vorgabe für eine psychologische Ansprechperson wird daher nicht als zielführend angesehen, wohlwissend, dass das Angebot einer psychologischen Ansprechperson durchaus eine gute Maßnahme bei besonderen psychischen Belastungen sein kann.
Kontext & Hintergrund
Für psychisch kranke Menschen verstärkten die Lockdowns oft ihre gesundheitlichen Probleme. Häufig fehlte die Kraft für Eigeninitiative.
Ideen zur Umsetzung
- Mobile, aufsuchende Hilfsangebote für psychisch kranke Menschen
- Lokale Medien kommunizieren Hilfsangebote, um sie bekannt zu machen.
- Telefondienste, die Hilfsangebote an Anrufer vermitteln
Stellungnahme
Die folgende Stellungnahme wurde vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt erarbeitet.
Die getroffenen Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus haben die vulnerable Personengruppe der psychisch erkrankten sowie suchtkranken Menschen besonders getroffen. Die Einschränkungen sozialer Kontakte haben häufig zu Gefühlen der Einsamkeit und Isolation geführt. Tagesstrukturierende Angebote sind plötzlich weggebrochen, sodass wichtige Ankerpunkte im Alltag von einem Tag auf den anderen fehlten. Auch wenn Beratungs- und Unterstützungsangebote für psychisch kranke sowie suchtkranke Menschen inzwischen wieder frei zugänglich sind, fehlt es einigen Betroffenen an der nötigen Kraft, diese aktiv aufzusuchen. Um auch dieses Klientel zu erreichen, gibt es im Freistaat Sachsen in jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt einen Sozialpsychiatrischen Dienst (SpDi), welcher am Gesundheitsamt angegliedert ist. Ein SpDi ist ein niedrigschwelliges Angebot für zumeist schwer psychisch kranke Menschen und übernimmt Aufgaben der Beratung, Diagnostik, Krisenintervention, Behandlung und Begleitung. Dies wird auch aufsuchend – das heißt bei psychisch erkrankten Personen zu Hause – durch ein multiprofessionelles Team realisiert. Darüber hinaus übernimmt der SpDi eine wichtige Lotsenfunktion bei der Koordinierung der Hilfen.
G.2 Corona-Tests und Impfungen sind weiterhin niedrigschwellig verfügbar.
Kontext & Hintergrund
Kostenpflichtige Tests halten Menschen eher davon ab, sich testen zu lassen und ermutigen nicht zu einer Impfung. Die Kontrolle der Pandemie ist nur mit breit verfügbaren Tests möglich.
Ergänzung im Januar 2022: Deutschland ist im europäischen Vergleich schlecht aufgestellt, was PCR-Test-Kapazitäten angeht. Hier sollte eine Angleichung zwischen den Bundesländern und Orientierung an guten Beispielen (z.B. Österreich) stattfinden.
Ideen zur Umsetzung
- An Schulen und Kindergärten (mindestens) wöchentlich testen
- Genügend kostenloses Testmaterial für Schnelltests und PCR-Tests zur Verfügung stellen
- 3G Regelung aufrecht erhalten
- Pflegeeinrichtungen bieten vor Ort Schnelltestmöglichkeiten für Besucherinnen und Besucher
- Vorausschauend und großzügig planen, um Engpässe zu vermeiden, sowohl mit Blick auf Materialien (z.B. Tests) als auch auf personelle Kapazitäten (z.B. für Impfungen)
- PCR-Tests sollten erste Wahl und Standard werden
- PCR-Pooling-Tests nach bayerischem Vorbild einführen
- Laborkapazitäten für PCR-Tests ausbauen
Stellungnahme
Die folgende Stellungnahme wurde vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt erarbeitet.
Symptomatische Menschen werden dauerhaft die Möglichkeit haben, sich im Rahmen der Krankenbehandlung auf eine SARS-CoV-2-Infektion testen zu lassen. Im Zuge der Weiterentwicklung der Pandemie, beispielsweise bei niedrigem Infektionsgeschehen in den warmen Jahreszeiten, ist es zielführender, vorrangig gezielt zu testen. Das heißt, es wird vor allem bei Verdacht auf eine Infektion oder wenn es darum geht, vulnerable Menschen zu schützen, getestet. Anlasslose Testungen sind in der gegenwärtigen Pandemiephase nicht angezeigt, weil die Gesundheitsversorgung zurzeit nicht gefährdet ist.
Die kostenlose Bürgertestung stellt eine große finanzielle Aufgabe für den Staat und die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dar. Sie muss daher stets der sich entwickelnden Lage angepasst werden. Die kostenfreie Bürgertestung wird über die Coronavirus-Testverordnung geregelt. Diese erlässt das Bundesministerium für Gesundheit in Berlin.
Kontext & Hintergrund
Für viele Berufstätige, ältere Menschen oder Menschen, die Deutsch nicht als Muttersprache sprechen, ist es schwierig, einen Impftermin zu vereinbaren. Es gibt unterschiedliche Gründe, sich nicht impfen zu lassen, mehr Druck führt eher zu Ablehnung. Darum müsse breit aufgeklärt und informiert werden.
Ideen zur Umsetzung
- Direkte Anfragen der Hausarztpraxis
- Anschreiben von der Stadt
- Mobile Impfstationen an bürgernahen Orten, z.B. Einkaufszentren und Märkten, Treffpunkten, an denen viele Menschen zusammenkommen
- Impfbusse einsetzen
- Informationsstand am Impfzentrum
- Bedürfnisse von ungeimpften Menschen erfragen und Angebote daran anpassen
- Informationsangebote in verschiedenen Formaten anbieten, auch analog, um (ältere) Menschen ohne Internet zu erreichen
- Erhöhung der Impfquote durch schriftliche Mitteilung eines Impftermins durch den Hausarzt (per Brief), d.h. Menschen müssen aktiv absagen
- Impfberatungen und -aufklärungen sollten auch über Arbeitgeber angeboten werden
- Beratungen auch für Impfskeptiker
- Transparenter Umgang mit Nebenwirkungen und Langzeitfolgen in Informationsangeboten
Stellungnahme
Die folgende Stellungnahme wurde vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt erarbeitet.
Niedrigschwellige Impfangebote sind wichtig, um möglichst viele Menschen zu erreichen und ein einfaches Impfangebot zu unterbreiten. Nachdem zu Beginn der Impfkampagne der Impfstoff noch limitiert war und in den ersten Monaten nur mit einer Priorisierung geimpft wurde, um möglichst schnell vulnerable Gruppen zu schützen, konnten in der späteren Phase mehr Akteure ins Impfen einsteigen.
Die wichtigste Stütze für das Impfen ist die niedergelassene Ärzteschaft, ganz besonders Hausärztinnen und Hausärzte. Sie sind die beste Anlaufstelle für die Impfung. Einerseits sind sie in der Regel in der Nähe zu finden und andererseits besteht zu ihnen ein Vertrauensverhältnis. Des Weiteren werden in Krankenhäusern sowie bei Betriebsärztinnen und Betriebsärzten Impfungen durchgeführt. Inzwischen haben auch Apotheken und die Zahnärzteschaft die Möglichkeit, die Corona-Schutzimpfung durchzuführen. Diese „Regel“-Strukturen sind enorm wichtig. Das zeigt sich auch in den Zahlen. Die niedergelassene Ärzteschaft in Sachsen hat in der Spitze circa 200.000 Impfungen in einer Woche durchgeführt, so viel wie kein anderer Impfakteur.
Das öffentliche Impfangebot von Land und Kommunen ergänzten diese Impfakteure. Die Angebote dieser Impfstellen wurden zuletzt fast nicht mehr nachgefragt. Die niedergelassene Ärzteschaft kann die Impfnachfrage selbst bedienen. Die Impfstoffe sind inzwischen ebenfalls alle verfügbar. Mit dem Ende der Kofinanzierung durch den Bund endet deswegen das staatliche Impfangebot im Freistaat Sachsen Ende 2022. Mit der Rückverlagerung des Impfens aus den Impfzentren in die Arztpraxen gehen wir einen weiteren Schritt hin zur Normalität, wie sie vor der Pandemie herrschte.
Im Rahmen der sächsischen Impfkampagne wurde insbesondere durch mobile Teams eine enorme Vielfalt an niedrigschwelligen Angeboten gemacht. Die Teams waren im gesamten Freistaat Sachsen unterwegs, haben sich vor Möbelhäuser und Stadien gestellt, waren auf Marktplätzen, an Universitäten, in Quartieren und in Einkaufscentern vor Ort. Alles wurde immer mit Öffentlichkeitsarbeit begleitet und bekannt gemacht. Aber die Nachfrage sank im Laufe des Sommers 2021 immer mehr. Die Angebote wurden immer weniger angenommen. Studien belegen auch, dass ab diesem Zeitpunkt der Großteil der noch nicht geimpften Menschen leicht ein Angebot wahrnehmen konnte und davon wusste, aber schlicht nicht geimpft werden wollte. Zum Angebot braucht es letztlich also auch die entsprechende Nachfrage.
G.3 Berufstätige im Gesundheits- und Pflegesektor werden während und nach der CoronaPandemie entlastet, gefördert und fair entlohnt.
Kontext & Hintergrund
Fachkräfte sind während Corona und darüber hinaus unersetzlich und sollen für ihre Arbeit angemessen entlohnt werden. Es müssen finanzielle und ideelle Anreize geschaffen werden, um Pflege- und medizinische Berufe langfristig attraktiv zu machen.
Ideen zur Umsetzung
- Sofortige höhere Stundenlöhne
- Steuererleichterungen bzw. höhere Steuerfreibeträge in Pflegeberufen
- Einrichtung einer Pflegekammer als Lobbyorganisation der Pflegenden
- Partizipative und teamorientierte Arbeitsgestaltung
- Organisations- und Teamentwicklung in Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten
Stellungnahme
Die folgende Stellungnahme wurde vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt erarbeitet.
Im Zeitraum von 2017 bis 2020 betrug der Lohnzuwachs in der Altenpflege bundesweit insgesamt 15,6 Prozent sowie in der Gesundheits- und Krankenpflege 9,8 Prozent. Damit liegt die Lohnentwicklung der beruflich Pflegenden deutlich über der durchschnittlichen Lohnentwicklung aller Branchen mit einem Gesamtanstieg von 6,8 Prozent.
Der Bundestag hat das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) beschlossen. Dieses legt fest, dass neu entstehende Pflegeeinrichtungen ab dem 1. September 2022 entweder selbst tarifgebunden sein müssen oder – wenn sie das nicht sind – ihre Pflege- und Betreuungskräfte mindestens in Höhe eines in der Region anwendbaren Pflege-Tarifvertrags entlohnen. Damit wird für Pflegeeinrichtungen die Grundlage für eine bessere Entlohnung ihrer Pflegekräfte nachhaltig gestärkt. Hiermit wird ein Beitrag geleistet, um die Attraktivität des Pflegeberufs zu steigern. Es ist wichtig, dass sich auch in Zukunft genügend Menschen für diesen Beruf entscheiden.
Unser perspektivisches Ziel für eine signifikante Steigerung der Arbeits- und Lohnbedingungen ist ein Flächentarifvertrag für die im Pflegebereich Tätigen, der in ganz Deutschland gilt. Leider konnte hierfür noch keine Einigung zwischen den Tarifparteien erzielt werden.
Kontext & Hintergrund
Der Druck in Krankenhäusern, OPs durchzuführen und bei der Intensivversorgung zu sparen, wurde während der Pandemie sichtbar. Einige private Kliniken haben wegen der Freihaltepauschalen in der Pandemie Gewinne gemacht, während das Personal knapp und überlastet war. Die Finanzierung der Krankenhäuser, insbesondere das System der Fallpauschalen, sollte grundlegend neu gedacht werden. Eine Reinvestition von Gewinnen könnte den Gesundheitssektor ausreichend finanzieren, um attraktive Rahmenbedingungen für Beschäftigte zu schaffen.
Ideen zur Umsetzung
- Gesetzliche Verpflichtung zur Reinvestition von Gewinnen in Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen
- Patienten stärker einbeziehen durch bessere Aufklärung vor OPs und sonstigen Behandlungen - Bezahlung der Ärzte für diese Leistung
- Mehr demokratische Mitsprache, Prüfen: Volksentscheid zum Thema Gewinnorientierung des Gesundheitssystems; Bürgerrat zum Thema
Stellungnahme
Die folgende Stellungnahme wurde vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt erarbeitet.
Das Bundesgesundheitsministerium wird mit einem Bund-Länder-Pakt nötige Reformen für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung auf den Weg bringen. Eine kurzfristig eingesetzte Regierungskommission hat bereits die erste Empfehlung für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung (Pädiatrie, Kinderchirurgie und Geburtshilfe) vorgelegt. Das Ziel ist die Erarbeitung von Leitlinien für eine auf Leistungsgruppen und Versorgungsstufen basierende und sich an Kriterien wie Erreichbarkeit und demografische Entwicklung orientierenden Krankenhausplanung. Die Kommission legt Empfehlungen für eine Weiterentwicklung der Krankenhausfinanzierung vor, die das bisherige System um ein nach Versorgungsstufen (Primär-, Grund-, Regel-, Maximalversorgung, Uniklinika) differenziertes System erlösunabhängiger Vorhaltepauschalen ergänzt. Das heißt Kliniken sollen nicht nur Geld für durchgeführte Behandlungen, sondern auch die Bereitstellung von Leistungen erhalten.
Im Freistaat Sachsen wurde 2022 das Landeskrankenhausgesetz novelliert. Hierzu hat sich das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt mit wichtigen Akteurinnen und Akteuren, unter anderem der Krankenhausgesellschaft, den Krankenkassen, der Landesärztekammer, der Kassenärztlichen Vereinigung, dem Landkreistag, dem Städte- und Gemeindetag, zu einer Zukunftswerkstatt getroffen. Dort wurde das „Zielbild 2030 – Sächsische Krankenhausversorgungslandschaft im Wandel“ beschlossen. Unser zentrales Anliegen ist, die medizinische Grundversorgung auch in den ländlichen Gebieten, trotz derzeit rückläufiger Bevölkerungszahlen, weiter sicherzustellen.
Kontext & Hintergrund
Viele Fachkräfte haben sich während Corona wegen zu hoher Belastungen beruflich umorientiert. Es muss Anreize geben, die zur Berufswahl und langfristigen Ausübung von Pflege- und Gesundheitsberufen motivieren.
Ideen zur Umsetzung
- Möglichkeit von Teilzeit in Pflege- und Gesundheitsberufen
- Spezielle Kinderbetreuung während der Pandemie
- Arbeitszeiterweiterung für medizinische Berufe zurücknehmen
- Begrenzungen für Wochenend- und Nachtdienste
- Mehr Möglichkeiten, die Arbeitszeiten und Schichten mitzugestalten: partizipative Entscheidungsmodelle
- Prüfen: gesetzliche Vorgaben für Betreuungsschlüssel in der Pflege
Stellungnahme
Die folgende Stellungnahme wurde vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt erarbeitet.
Flexible Arbeitszeitmodelle zu entwickeln und anzubieten, liegt in der Verantwortung der Arbeitgeberinnen sowie Arbeitgeber und wird von diesen auch genutzt.
Im Rahmen der kommunalen Bedarfsplanung für die Kindertagesbetreuung finden die Anforderungen durch Beschäftigte in Schichtdiensten entsprechende Beachtung. Für größere Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber kann auch der Betrieb eigener Betreuungseinrichtungen (Betriebs-Kita) mit entsprechenden Öffnungszeiten und Einbindung in die kommunalen Bedarfspläne relevant werden.
Seit 2019 werden Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser bei Maßnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf finanziell unterstützt. Dies haben der Bundestag und der Bundesrat im Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) festgelegt. Pflegeeinrichtungen können dadurch beispielsweise besondere Betreuungsbedarfe jenseits der üblichen Öffnungszeiten von Kitas abdecken oder auf andere Weise die Familienfreundlichkeit der Einrichtungen verbessern. Im Rahmen der Förderung gemäß § 8 Absatz 7 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) ist eine hälftige Kofinanzierung von bis zu 7.500 Euro pro Jahr vorgesehen. Diese Kofinanzierung erfolgt über die Pflegekassen AOK und DAK mit Mitteln aus dem Ausgleichsfonds der Pflegeversicherungen.
Kontext & Hintergrund
Die Pflege hat seit langem mit einem Fachkräftemangel zu kämpfen. Während der Corona-Pandemie wurde der Personalmangel in der Pflege besonders deutlich. Ein vereinfachter Einstieg könnte dem entgegenwirken.
Ideen zur Umsetzung
- Ausbildung von ausländischen medizinischen und pflegerischen Fachkräften anerkennen
- Im Ausbildungssystem mehr Möglichkeiten für Quereinsteiger bieten
- Ausbildungskosten übernehmen
- Qualitätssicherung und Kontrolle der Ausbildung gewährleisten, Feedbacksysteme entwickeln
- Inhalte der Ausbildung an Altersstruktur der Lernenden anpassen (z.B. 16-Jährige nicht mit verstorbenen Menschen alleinlassen)
Stellungnahme
Die folgende Stellungnahme wurde vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt erarbeitet.
Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und die Pflege zukunftsfähig zu machen, wurde mit dem Pflegeberufegesetz eine grundlegende Reform der Pflegeausbildungen in Deutschland auf den Weg gebracht. Im Januar 2020 startete die generalistische Ausbildung. Für die Absolventinnen und Absolventen dieser Ausbildung eröffnen sich damit zusätzliche Wechsel-, Einsatz- und Aufstiegsmöglichkeiten in allen Bereichen der Pflege.
Durch die Einführung eines generalistischen Pflegestudiums werden zusätzliche Qualifizierungs- und Karrieremöglichkeiten eröffnet.
Die unter G3.3 genannten Maßnahmen tragen dazu bei, den beruflichen Wiedereinstieg für Beschäftigte mit familiären Betreuungsaufgaben zu unterstützen.
Sowohl im Helferinnen- und Helferbereich als auch bei der Fachkraftausbildung bestehen unter anderem Möglichkeiten zur Anrechnung bereits erfolgreich abgeschlossener Ausbildungen. Diese werden je nach Umfang ihrer Gleichwertigkeit oder der relevanten berufspraktischen Erfahrung anerkannt. Der Durchstieg einer Pflegehilfskraft in die Ausbildung zur Pflegefachkraft ist mit einer Verkürzung um bis zu ein Drittel der Ausbildungszeit vorgesehen. Die Durchlässigkeit zwischen den Qualifikationsstufen ist gegeben und kann einen erheblichen Beitrag zur Attraktivität des Pflegeberufes leisten.
Viele Ausbildungen können auch berufsbegleitend in Teilzeit absolviert werden. Für die Ausbildung zur Krankenpflegehelferin bzw. zum Krankenpflegehelfer soll zum nächsten Schuljahr (2022/23) die Möglichkeit einer berufsbegleitenden Teilzeitausbildung geschaffen werden. Weitere Möglichkeiten, den Berufseinstieg für bestimmte Personengruppen zu „vereinfachen“, können mit Maßnahmen zur Weiterbildungsförderung und Berufsvorbereitung seitens der Bundesagentur für Arbeit gefördert werden.
Wir haben in Sachsen das Schulgeld für alle Gesundheitsberufe abgeschafft. Junge Menschen, die einen wichtigen Beruf für unsere Gesellschaft erlernen wollten, zahlten erst einmal drauf. Das war und ist ungerecht. Es ist gut, dass neben Pflege- und Hebammenausbildung auch Logopädie- und Physiotherapieausbildungen nun kostenfrei sind.
Stellungnahme zum Download
- Stellungnahme Handlungsfeld Gesundheit (*.pdf, 0,51 MB) Zusammengefasste Stellungnahme in einem Dokument