Leitlinien für Bürgerbeteiligung
Jedes Beteiligungsverfahren benötigt verlässliche Regeln, die von allen Beteiligten akzeptiert und beachtet werden, egal welcher Beteiligungsstufe dieses angehört. Damit diese Regeln nicht bei jedem Verfahren neu verhandelt werden müssen, können qualitative und prozessuale Standards für Beteiligungsverfahren entwickelt werden. Dies kann durch eine rechtliche verbindliche Satzung, aber auch durch selbstverpflichtende Leitlinien, Handlungsempfehlungen oder andere verbindliche Regelungen erfolgen.
Mit verbindlichen Regeln für Beteiligungsverfahren ...
- legt die Kommune einen allgemeingültigen und verlässlichen Rahmen für Beteiligungsverfahren fest.
- setzt die Kommune ein Zeichen, Beteiligung dauerhaft etablieren zu wollen.
- verstetigt die Kommune die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Politik, Verwaltung und Bevölkerung.
Begriffsabgrenzung
Leitlinien
- sind lose »Spielregeln« für Beteiligungsverfahren
- sind »freiwillige« Rechtsverpflichtungen und damit nicht rechtsverbindlich
- erheben keinen Rechtsanspruch etwa auf die Verwendung von Entscheidungen aus den Beteiligungsverfahren
- müssen das geltende Kommunalrecht beachten
- regeln den Gesamtprozess eines Beteiligungsverfahrens
- geben keine Methoden, Formate oder Zielgruppen vor
Eine Satzung
- ist eine Rechtsnorm mit verbindlicher Außenwirkung
- wird von der Gemeindevertretung erlassen
- ist von allen beteiligten Akteurinnen und Akteuren zu beachten
- darf nur das regeln, wofür die Kommunalgesetze den Gemeinden einen Ausgestaltungsspielraum belassen
Die Erarbeitung von Leitlinien
Leitlinien sind Regelwerke, mit denen gewisse Qualitätsstandards und Verfahrensabläufe für Bürgerbeteiligung in einer Kommune festgelegt werden und in deren Rahmen sich künftige Verfahren bewegen sollen. Damit die Leitlinien für Bürgerbeteiligung auch von allen zukünftigen Akteurinnen und Akteuren akzeptiert werden, sollten diese im Rahmen eines partizipativen Prozesses und unter Mitwirkung aller Beteiligten erarbeitet werden. Denn fehlende Zustimmung oder Unklarheiten im Regelwerk können dazu führen, dass sich Bürgerinnen und Bürger, aber auch Akteurinnen und Akteure in Politik und Verwaltung später nicht an den angebotenen Beteiligungsverfahren in einer Kommune beteiligen.
Ablauf
Phase 1 - Auftaktphase Nachdem der politische Entschluss durch den Stadt- oder Gemeinderat getroffen wurde, Leitlinien für Bürgerbeteiligung zu etablieren, wird ein Organisationsteam festgelegt. In einer Auftaktveranstaltung wird das Vorhaben samt Zielstellung und vorgesehenem Zeitplan dargelegt. Aus den zu beteiligenden Gruppen (Kommune, Zivilgesellschaft, Bürgerschaft, Wirtschaft u.v.m.) werden Vertreterinnen und Vertreter benannt - eine sogenannte Arbeitsgruppe wird gebildet. Die Arbeitsgruppe hat die Aufgabe, Vorschläge für das zukünftige Regelwerk zu erarbeiten und den Prozess gemeinsam voranzutreiben. |
Phase 2 - Arbeitsphase In der Arbeitsphase trifft sich die Arbeitsgruppe zu regelmäßigen Sitzungen, um Vorschläge für die Leitlinien zu erarbeiten. Im Rahmen von öffentlichen Veranstaltung werden interessierte Bürgerinnen und Bürger informiert und am Prozess beteiligt. Im Anschluss arbeitet die Arbeitsgruppe die Rückmeldung der Öffentlichkeit in das zukünftige Regelwerk mit ein. |
Phase 3 - Finalisierungsphase Nach Beendigung der Arbeitsphase berät der Stadt- oder Gemeinderat über das vorgeschlagene Regelwerk. Ist dieses beschlossen, wird es veröffentlicht und dient nun als Grundlage für zukünftige Beteiligungsverfahren in der Gemeinde. |
Ein guter Leitlinienprozess ...
- sollte von Politik, Verwaltung und den Bürgerinnen und Bürgern einer Gemeinde gemeinsam gestaltet werden.
Aufgrund der Komplexität findet die Erarbeitung der Inhalte meist nur in einer kleineren Arbeitsgruppe mit Vertreterinnen und Vertreter aller Interessensgruppen statt. Wichtig ist, dass die Arbeitsgruppe auch die nicht unmittelbar beteiligten Menschen fortlaufend über die Ziele, die einzelnen Prozessschritte und die aktuellen Entwicklungen in geeigneter Weise informiert. - benötigt ausreichend zeitliche, finanzielle und personelle Ressourcen.
Vom Entschluss, Leitlinien zu erarbeiten bis hin zur abschließenden politischen Entscheidung vergeht in der Regel mindestens ein Jahr. Die Kommune muss während des gesamten Prozesses entsprechende Ressourcen zur Verfügung stellen. - kann teilweise auf Erfahrungen anderer Kommunen zurückgreifen, wobei lokale Gegebenheiten dringend zu berücksichtigen sind.
Jeder Leitlinienprozess orientiert sich an den vorhandenen lokalen Gegebenheiten in einer Kommune. Gleichzeitig gibt es bereits erprobte Verfahren, die es (mit individuellen Anpassungen an die Gegebenheiten vor Ort) ermöglichen, den Prozess in einer Kommune möglichst ressourcenschonend umzusetzen.
Weitere Informationen
Netzwerk Bürgerbeteiligung: Sammlung kommunaler Leitlinien und Handlungsempfehlungen
Bertelsmann Stiftung: Bürgerbeteiligung in Kommunen verankern
Wegweiser Bürgergesellschaft: Leitlinien kommunaler Bürgerbeteiligung
Praxisbeispiele
Leitlinienprozess - Stadt Heidelberg
Leitlinienprozess - Stadt Köln